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Der Schrecken mit der Schriftform im Gewerbemietrecht: Mietverträge müssen nicht auf demselben Vertrag im Original unterzeichnet sein, .... what??


BGH, Urteil vom 07.03.2018, XII ZR 129/16

Ein Mietvertrag kommt auch ohne schriftlichen Vertrag zustande. Wenn die Parteien jedoch einen schriftlichen Vertrag schließen, gilt das dort geregelte. So weit, so klar! 
Von erheblicher Bedeutung ist die Einhaltung der Schriftform für langfristig geschlossene Gewerbemietverträge. Warum ist das so? Nun ja, leidet der z.B. auf 15 Jahre geschlossene Gewerbemietvertrag an einem Schriftformmangel, so ist er mit gesetzlicher Frist kündbar und die 15 Jahre Vertragslaufzeit sind dahin. 
Das ist natürlich für einige Vertragsparteien äußerst bitter, für andere wiederum ein probates Mittel sich von einem unliebsam gewordenen Mietverhältnis zu lösen.
Das bedeutet für uns Kautelarjuristen (oder „Worteverdreher“ wie ich uns auch gerne nenne) und Gewerbemietrechtler, dass wir die Rechtsprechung des BGH, insbesondere des zuständigen XII. Senats, mit biblischer Genauigkeit verfolgen. Wir sind also auf der Suche nach einer Systematik, Sinn und Praxistauglichkeit um unsere Gewerbemietverträge entsprechend anzupassen.
Und dann kommt so eine Entscheidung daher und man denkt sich nur „what the ....“.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter den Mietvertrag unterschrieben und dem Mieter zugefaxt. Dieser hat den Vertrag seinerseits unterschrieben und dem Vermieter zugefaxt. Die jeweiligen Verträge mit den Originalunterschriften verblieben bei den Vertragspartnern.
Wir stellen also fest: Es gibt keine Urkunde, die von beiden Vertragsparteien im Original unterzeichnet wurde. 
Spätestens jetzt fällt es jedem, der sich mit Schriftformmängeln und der Rechtsprechung des BGH der letzten 20 Jahre beschäftigt hat, wie Schuppen von den Augen. 
Nun wurde im vorerwähnten Rechtsstreit darum gestritten, ob die Schriftform gewahrt sei. 
Der BGH hat in seinem Urteil tatsächlich entschieden, dass die Schriftform des § 550 BGB in vorliegendem Fall erfüllt sei. 
Es reiche aus, wenn die Parteien gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnen, ein Zugang der im Original unterzeichneten Urkunde sei jedoch nicht erforderlich. Entscheidend sei weiter, dass zwei gleichlautende unterschriebene Vertragsurkunden existieren, wenn auch nicht im Original.
Ich las die Entscheidung und entschloss mich beim Lesen, diese bei einem schönen Glas Rotwein sacken zu lassen. Obwohl es mein Lieblingswein war, half er nicht. Ich ließ es mir also nicht nehmen einen der (Übel-)Täter vom Bundesgerichtshof, namentlich RiBGH Guhling, im Rahmen einer Seminarveranstaltung in eine Diskussion über den Sinn bzw. Unsinn u.a. dieser Entscheidung zu verwickeln. Nun ja, er ließ sich nicht umstimmen. Der BGH verortete diese Entscheidung im allgemeinen Teil des BGB und löste den Fall juristisch mit der Frage, wann und ob die abgegebenen Willenserklärungen wirksam werden. Streng nach der, richtigerweise, zu erfolgenden Trennung zwischen Wirksamkeit und Schriftformmangelhaftigkeit des Vertrages, sind damit die Willenserklärungen im Sinne von Angebot und Annahme zugegangen. 
Fazit für die Praxis: Ja der Vertrag entspricht rechtlich der Schriftform ..... Ob man dies im Konfliktfall dann beweisen kann, ist ein anderes Thema. 

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