Im Immobilienkaufvertrag ist der Zeitpunkt der Übergabe ein entscheidendes Element. Doch was passiert, wenn zwischen der Besichtigung der Immobilie und der tatsächlichen Übergabe an den Käufer Mängel auftreten? Diese Frage stellt sich häufig, da der Zustand der Immobilie sich in der Zwischenzeit verändern kann, und führt zu Unsicherheiten bei Käufern und Verkäufern. In diesem Artikel erklären wir, wie solche Fälle rechtlich zu bewerten sind und wie Käufer und Verkäufer sich durch kluge Vertragsgestaltung schützen können.
1. Rechtslage bei Mängeln zwischen Besichtigung und Übergabe
Grundsätzlich geht die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung der Kaufsache erst mit der Übergabe auf den Käufer über (§ 446 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Verkäufer das Risiko für Sachmängel, die nach dem Vertragsschluss entstehen. Dies bedeutet, dass der Verkäufer grundsätzlich für Mängel haftet, die zwischen der Besichtigung und der Übergabe entstehen, es sei denn, im Kaufvertrag ist ausdrücklich etwas anderes geregelt.
1.1 Gewährleistungsausschlüsse
Oftmals wird in Kaufverträgen ein Gewährleistungsausschluss vereinbart, der die Haftung des Verkäufers für Mängel ausschließt. Ein solcher Ausschluss bezieht sich jedoch in der Regel auf bereits bestehende Mängel und nicht auf solche, die zwischen Vertragsschluss und Übergabe auftreten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 (BGH, Urteil vom 24.01.2003 – V ZR 248/02) klargestellt, dass ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss grundsätzlich keine Mängel erfasst, die nach Vertragsschluss, aber vor Gefahrübergang entstehen. Wenn die Parteien auch solche Mängel ausschließen wollen, muss dies explizit im Vertrag geregelt sein.
2. Vertragsgestaltung: Schutz vor Mängeln zwischen Besichtigung und Übergabe
Um Klarheit über die Haftung für Mängel zu schaffen, die zwischen der Besichtigung und der Übergabe auftreten, ist es sinnvoll, entsprechende Regelungen im Kaufvertrag aufzunehmen. So können sowohl Käufer als auch Verkäufer rechtliche Unsicherheiten und Streitigkeiten vermeiden.
2.1 Formulierung von Gefahrübergangsklauseln
Eine gängige Möglichkeit ist es, die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung der Kaufsache bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf den Käufer zu übertragen. Dies kann durch eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag geregelt werden. Dabei kann der Verkäufer sich vertraglich verpflichten, eine entsprechende Schadensversicherung bis zur Übergabe aufrechtzuerhalten und dem Käufer die Ansprüche daraus abzutreten, sobald der Kaufpreis vollständig gezahlt wurde.
Eine solche Klausel könnte wie folgt formuliert werden: „Die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung der Kaufsache geht mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Käufer über. Der Verkäufer verpflichtet sich jedoch, die bestehende Versicherung bis zur Übergabe der Kaufsache aufrechtzuerhalten und etwaige Ansprüche hieraus auf den Käufer abzutreten.“
2.2 Regelung von Versicherungen
Eine sinnvolle Ergänzung ist es, den Verkäufer zu verpflichten, bis zur Übergabe bestimmte Versicherungen (z. B. eine Feuer- oder Elementarschadenversicherung) aufrechtzuerhalten. Dadurch ist der Käufer bis zur tatsächlichen Übernahme abgesichert, während die Gefahr für Schäden wie Feuer, Sturm oder Hochwasser beim Verkäufer bleibt. Im Schadensfall könnte der Verkäufer dann die Ansprüche gegen die Versicherung an den Käufer abtreten.
2.3 Unterhaltungspflicht des Verkäufers
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterhaltungspflicht des Verkäufers bis zur Übergabe. Der Verkäufer sollte vertraglich verpflichtet werden, die Immobilie in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und notwendige Reparaturen durchzuführen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Zustand der Immobilie zwischen Besichtigung und Übergabe stabil bleibt und der Käufer keine unangenehmen Überraschungen erlebt.
3. Mängelhaftung und Fristen
Auch wenn der Käufer die Immobilie nach der Übergabe genau prüft, können Mängel erst nach einiger Zeit sichtbar werden. Es empfiehlt sich daher, im Vertrag eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Mängelansprüche zu vereinbaren. Dies kann den Verkäufer entlasten und den Käufer motivieren, die Immobilie unmittelbar nach der Übergabe sorgfältig zu überprüfen.
Fazit: Klare Regelungen für einen reibungslosen Übergang
Um Streitigkeiten über Mängel, die zwischen Besichtigung und Übergabe auftreten, zu vermeiden, ist es entscheidend, entsprechende Klauseln im Kaufvertrag aufzunehmen. Eine frühzeitige Übertragung der Gefahr auf den Käufer, die Unterhaltungspflicht des Verkäufers sowie klare Regelungen zu bestehenden Versicherungen sind dabei hilfreiche Instrumente, um sowohl den Verkäufer als auch den Käufer abzusichern. Solche vertraglichen Regelungen sorgen für Transparenz und Rechtssicherheit und können verhindern, dass es im Nachhinein zu unerwarteten Problemen kommt.